HSK 2018: Wer Anämien vermeidet, kann Milliarden sparen

Mit Herzblut für mehr Patientensicherheit

Berlin, 6. Juni 2018: Blut sichert die gleichmäßige Versorgung des Organismus mit Sauerstoff und Nährstoffen. Gerade vor einer planbaren Operation gilt es daher, Blutarmut (Anämie) zu behandeln und die wertvolle Ressource Blut während des Eingriffs zu schonen. So können Bluttransfusionen die für das Immunsystem belastend und oftmals mit einer gestörten Wundheilung und/oder erhöhten Infektionsraten verbunden sind, reduziert oder ganz vermieden werden. Genau hierfür steht das Konzept Patient Blood Management (PBM). Ein Gutachten zeigt erstmals, dass durch PBM neben einer Verbesserung der Versorgungsqualität und der Patientensicherheit [1] auch Kosten in Milliardenhöhe vermieden werden könnten [2].

Patient Blood Management (PBM) wird von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bereits seit 2010 [3] und seit 2017 von der EU-Kommission [4] sowie von zwei deutschen Fachgesellschaften empfohlen [5]. Neben der Behandlung von Blutarmut (Anämie) umfasst das Konzept Maßnahmen wie:

  • Verwendung kleinerer Röhrchen zur Blutentnahme oder geschlossener Blutentnahmesysteme, um die körpereigenen Blutreserven zu schonen;
  • Gewebeschonend mit möglichst wenig Blutverlust zu operieren und
  • Wundblut aufzufangen, zu reinigen und nach der OP dem Patienten wieder zuzuführen.

Das gesamte Gesundheitswesen profitiert

Erste Ergebnisse des gesundheitsökonomischen Gutachtens „footprint PBM“ wurden im Rahmen des „Hauptstadtkongresses Medizin und Gesundheit 2018“ vorgestellt. Demnach ließen sich in Deutschland durch die flächendeckende Einführung von PBM im Mittel Kosten von 13,725 Milliarden Euro vermeiden [2]. Dr. Thomas Drabinski vom Institut für Mikrodatenanalyse (IfMDA) in Kiel, bietet eine klare Einschätzung: „Das Versorgungsgutachten zum Patient Blood Management zeigt deutlich: Wenn zum Zeitpunkt eines planbaren operativen Eingriffes eine Anämie vorliegt, ist das Risiko, eine Bluttransfusion zu bekommen, um das Fünffache erhöht“. Das bedeutet: Allein durch das Vermeiden von anämiebedingten Bluttransfusionen könnten Kosten von 0,697 bis 1,301 Milliarden Euro bei gleichzeitiger Verbesserung der Patientensicherheit eingespart werden [2].

Qualitätsverbesserung der Krankenhausversorgung

Auch wirke sich das PBM-Konzept direkt auf Krankenhäuser aus, betont Prof. Dr. Dr. Kai Zacharowski vom Universitätsklinikum Frankfurt: „Es gibt zahlreiche Maßnahmen, die sich sofort umsetzen lassen, die unmittelbar Geld sparen und mit denen sich wichtige Investitionen wie etwa der Aufbau einer Anämieambulanz finanzieren lassen.“

Der Leiter des Qualitätsmanagements und Medizincontrollings des Uniklinikums Heidelberg, Dr. Markus Thalheimer, merkte zudem an: „Die Einführung von Patient Blood Management wird meist von Einzelpersonen mit viel Herzblut vorangetrieben. Um das Konzept nachhaltig in den Klinikalltag zu integrieren, muss PBM aber in die Krankenhausstrukturen eingebettet und mit Kennzahlen abgebildet werden. Neben den möglichen Einsparpotenzialen spricht aber vor allem die überwältigende wissenschaftliche Evidenz hinsichtlich der Patientensicherheit dafür, dass jedes Krankenhaus Patient Blood Management einführen sollte.“

pbm Academy – Stiftung soll flächendeckende Einführung von PBM verbessern

Eine neu gegründete Stiftung mit namhaften Experten aus Medizin, Selbstverwaltung, Krankenkassen, Krankenhaus und Gesundheitsökonomie hat sich das Ziel gesetzt, PBM deutschlandweit voranzutreiben. „Die pbm Academy soll dazu beitragen, die Behandlungsqualität in deutschen Krankenhäusern durch eine konsequentere Umsetzung von PBM zu erhöhen und die mit dem PBM einhergehenden Einsparpotenziale zu heben. Unsere Ziele sind Aufklärung, Forschung und die Unterstützung fächerübergreifender Konzepte“, betonte Michael Pröschel, Geschäftsführer des Unternehmens Vifor Pharma Deutschland GmbH, das die Stiftung finanziert.

Dr. Ursula Marschall, Leiterin der Abteilung Medizin und Versorgungsforschung der BARMER, stellte zudem fest: „Patient Blood Management ist der breiten Öffentlichkeit aber auch in vielen Institutionen immer noch ein wenig bekanntes Thema. Im Interesse der Versorgungsqualität und Patientensicherheit muss hier noch viel Aufklärungsarbeit geleistet werden.“ Auch hier könne die Academy einen wichtigen Beitrag leisten.

 

Literatur

[1] Leahy MF et al. Transfusion 2017; 57;1347-1358. https://doi.org/10.1111/trf.14006
[2] Drabinski Th. Vortrag „Patienten Blood Management – Gesundheitsökonomischer Fußabdruck“ im Rahmen des Satellitensymposiums der Vifor Pharma Deutschland GmbH, Hauptstadtkongress Medizin und Gesundheit 2018. Daten auf Basis des FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, DRG-Statistik 2015: eigene Berechnungen.
[3] Weltgesundheitsorganisation (WHO). World Health Assembly Resolution WHA63.12. http://apps.who.int/medicinedocs/documents/s19998en/s19998en.pdf
[4] European Commission – Directorate General for Health and Food Safety. Patient Blood Management (PBM) in the EU – A Practical Implementation Guide for Hospitals. Luxemburg 2017. https://ec.europa.eu/health/sites/health/files/blood_tissues_organs/docs/2017_eupbm_hospitals_en.pdf
[5] Meybohm, P., Schmitz-Rixen, T., Steinbicker, A. et al. Chirurg (2017) 88: 867. https://doi.org/10.1007/s00104-017-0506-0

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